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FH-Storys

Der Bierflüsterer und sein Team bringen Gretel groß raus

Studierende der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn erfolgreich beim Students Beer Award

Gretel hat‘s gepackt. Sie steht auf dem Treppchen beim Students Beer Award 2023. Die tiefbraun gefärbte Irin mit der weiß glänzenden Schaumkrone wurde von den Juroren tatsächlich auf Platz drei in ihrer Kategorie gewählt. Gretels Geschichte spielt auf den britischen Inseln, ihre Wurzeln aber, die liegen im Sauerland. An der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn. Gretel ist ein Bier. Wobei das für Kenner höchstens die halbe Wahrheit ist. Gretel ist ein Irish Stout.

Eines vielleicht vorab. In dieser Geschichte geht es fast ausschließlich um Studierende und ihr Bier. Diese Beziehung ist vielleicht nicht neu, in diesem Falle ist sie aber vollkommen ungewöhnlich. Es geht eigentlich überhaupt nicht darum, Bier zu trinken. Die Studierenden der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn, um die es hier geht, haben ihr eigenes Bier gebraut. In der Hochschule. Im Labor. Anschließend haben sie drei Sorten beim europaweit ausgeschriebenen Students Beer Award eingereicht. Abgefüllt, gelabelt, gewonnen. Das Waldpils, natürlich ein Pilsener, der Hopfentee, ein American Pale Ale, gingen leer aus. Aber Gretel, dieses Irish Stout, gereift in Etage sechs der Hochschule, die hat gewonnen. Den dritten Platz in ihrer Kategorie. Der Kategorie Irish Stout.

Mit Teamwork aufs Treppchen

Gretel ist das Ergebnis einer Teamleistung. Neun Studierende des Studiengangs Angewandte Biologie haben es im Modul Labormanagement gebraut. Geleitet und betreut wird das Modul von Prof. Dr. Kilian Hennes und seinem Mitarbeiter Martin Poschmann. Beide sind absolut überzeugt von der Idee, dieses Modul mit dem Brauprojekt zu füllen. „Die Studierenden arbeiten komplett eigenständig, die Entscheidung ob ein alkoholisches oder nicht alkoholisches Bier hergestellt wird, inklusive“, sagt Kilian Hennes, „sie müssen ins Kalte Wasser springen und ihre Arbeitsweise agil organisieren, die Aufgaben im Team verteilen. Von der Selbstorganisation, dem Einkauf der Zutaten bis zur Namensfindung und zur Etikettierung ist alles dabei.“ Martin Poschmann hat den Prozess zwar nah begleitet, wirklich helfen durfte und wollte er aber nicht. „Im Team ergeben sich verschiedene Aufgaben, die die Studierenden dann auch nach ihren Talenten und Wünschen verteilen dürfen“, so Poschmann, „wichtig ist dafür natürlich, dass das Projekt ausreichend komplex ist.“

Stolze Preisträger: Hendrik Klausjürgens und Olga Zlotski (r.) nahmen die Auszeichnung in Münster entgegen.

Wasser, Hopfen, Malz und Hefe: Auf die Mischung kommt es an

Und Gretel ist komplex. Denkt man vielleicht gar nicht, wenn man an Bier denkt. Die Zutatenliste ist kurz. Wasser, Hopfen, Malz und Hefe. Mehr ist nicht drin. Aber diese vier Zutaten kann man in unendlich vielen Verhältnissen und Zuständen miteinander arrangieren. Das Ganze ist so komplex, dass es einen eigenen Beruf dafür gibt. Brauer und Mälzer nennt sich der Handwerksberuf offiziell. Inoffiziell könnte man ihn Bierflüsterer nennen. Und jetzt kommt’s. An der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn im Studiengang Angewandte Biologie gibt es einen Bierflüsterer. Einen, der Brauer und Mälzer gelernt, als solcher gearbeitet hat und nun hier studiert. Er ist 25 Jahre alt und heißt Hendrik Klausjürgens. Und auch wenn Gretels dritter Platz beim Students Beer Award sicher eine Teamarbeit ist, Gretels Macher heißt Hendrik Klausjürgens. Sein Knowhow und sicher auch seine Liebe zum Bier haben Gretel zu dem gemacht, was sie ist: Ein prämiertes Irish Stout made in Iserlohn.

Ausgekügelter Brauprozess vom studierenden Fachmann

Hendrik Klausjürgens beherrscht sein Handwerk. Der gebürtige Oldenburger ist so etwas wie ein Biernerd im positivsten Sinne. Weil er den Brauprozess bis in die kleinste Hopfenfaser nicht nur verstanden hat, sondern auch wissenschaftlich erklären kann. Wissenschaft, Knowhow, Können. Das sind die vielleicht wichtigsten Zutaten im Bier. „Wir haben uns erst einmal alle Zutaten bestellt und dann mit dem Mahlen des Malzes begonnen. Aber vorsichtig, um die Spelzen nicht zu beschädigen“, erklärt Hendrik Klausjürgens. Danach taucht er mit jedem Satz tiefer ins Bier ein. Einmaischen, Isomerisierung, Alphasäure, Lupulin, Betaamylase, Maltosebildungsrast, Verzuckerungsrast, Jodtest. Dazwischen immer mal wieder Gären und Reifen. Hendrik Klausjürgens könnte über jeden dieser Begriffe ein Buch schreiben. Hier lassen wir sie einfach mal sinnbildlich stehen für die vielen Herausforderungen im Brauprozess, denen sich das Studierendenteam stellen musste.

Große Konkurrenz für Gretel, Waldpils und Hopfentee

Wo es Herausforderungen gibt, da werden auch Fehler gemacht. Fehler beim Brauen fallen auf. „Je nachdem, wo der Fehler liegt, schmeckt das Bier je nach Ausprägung des Fehlers schlecht bis ungenießbar“, weiß Hendrik Klausjürgens. Gretel, Waldpils und Hopfentee waren so gesehen fehlerfrei. Geschmackssache bleiben sie natürlich trotzdem. Das ist dann wohl auch eine Erklärung, warum Gretel gewonnen hat, ihre beiden so unterschiedlichen Geschwister aber leer ausgingen. Hendrik Klausjürgens hat eine weitere Erklärung: „Die Konkurrenz war einfach unglaublich gut. Es wurden so viele handwerklich gut gebraute Biere eingereicht. Auch an anderen Hochschulen gibt es Fachleute.“

Der Students Beer Award 2023 endet damit für das Team der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn mit einem Erfolg. Da gibt es keine zwei Lesarten. Waldpils und Hopfentee waren gut, aber Geschmackssache. Gretel, die hat’s gepackt.